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Carstensz-Expedition: Der härteste Tag durch die Pelantara


Wackelig gehe ich über die Pelantara Hochebene. Ich fühle mich leer und schwach. Ein fieser Durchfall hat mich im Griff.

Den Artikel habe ich direkt am Ende des Tages auf dem Smartphone geschrieben. Er zeigt ungefiltert persönliche Emotionen und Wahrnehmung bei der Besteigung. Etwaige Rechtschreibfehler sind zu verzeihen.

Nachdem der Tag im Camp 2 bei bestem Wetter, Toastbrot, Rührei und Kaffee startete, merke ich beim Losgehen meinen Magen. Er grummelt wunderbar. Und das ganz passend am als härtesten der Expedition angekündigten Tag.

Frühstück in Camp 2 - Expedition Carstensz-Pyramide
Frühstück in Camp 2

Wir starten auf rund 3.500 Metern und werden in den nächsten 16 Kilometern bis auf eine Höhe von rund 4.000 Metern kommen. Im Camp 3 endet unsere Wanderung auf 3.750 Metern. Das ist eigentlich kein Problem.

Hoch und runter

Die Schwierigkeit liegt jedoch in der Struktur der Pelantara. Eine Hochebene, die sich weit streckt. Unterbrochen durch zwei Flussüberquerungen, Sprünge über tiefe Gräben und dem ständigen Ausweichen vor Untiefen der Sümpfe. Wir dürfen nie unkonzentriert sein. Das soll sich später rächen.

Aber erstmal geht es kurz hoch und dann folgt ein tiefer Abstieg in eine Flusskreuzung. Den Fluss queren wir barfuß. Wir gehen weiter Richtung Mündung. Ein fordernder Weg entlang des Flussbettes. Bloß nicht stürzen. Es geht steil hinab. Ein Teaser vorweg: Auf dem Rückweg ist das Wasser versickert und wir werden im Kiesbett marschieren. Heute ist er aber noch reißend und stellt eine Gefahr für uns da.

Große Monotonie auf der Pelantara

Pelantara Hochebene Papua - Expedition Carstensz-Pyramide
Pelantara Hochebene

Gegen 9 Uhr stehen wir auf der Hochebene. Unser Blick richtet sich in den Horizont. Dort hinten wollen wir Mittagessen. Zwei Stunden in Monotonie, bei der wir aber nicht abschalten können. Zwischendurch erwischt uns der erste heftige Regenschauer, wir sind erstmalig nass auf unserem Weg zu Carstensz-Pyramide.

Zwischendurch erwartet uns ein wunderschöner Wasserfall, der sich tief ins Gestein frisst. Im nächsten Jahr sollen hier niederländischer Experten das Höhlensystem erforschen. Werner Weiglein kümmert sich um die Vorbereitung. Er bittet mich, Fotos mit der Spiegelreflex zu machen. Damit wollen sich die Forscher vorbereiten. Das tue ich gerne und stelle mich in den Dienst der Wissenschaft. Gerne wäre ich dabei. Wer weiß, was sich hier oben alles an neuen Tierarten verbirgt? Allerdings haben wir bisher keine gesehen.

Der Wasserfall - Expedition Carstensz-Pyramide
Der Wasserfall

Da wir schnell sind, gibt es um 11:00 Uhr schon Mittag. Ich nehme nur den Reis. Wer weiß, was mein Magen sonst noch so tut.

Das war schon die Halbzeit des Tages. Ich richte meinen Blick nach vorne. Nur noch 8 Kilometer. Und dann passiert das Malheur. Im Gespräch trete ich knietief in den Schlamm. Und wie es so ist, mit dem anderem Fuß dann auch. So saugen sich beide Stiefel voll mit dem nassen Erdreich. Das Schöne an Gummistiefeln: Ich kann sie ausschütten. Das tue ich auch. Was mir bleibt, ist ein schmatzendes Geräusch für dich nächsten drei Stunden.

Stiefel leeren - Expedition Carstensz-Pyramide
Stiefel leeren

Camp 3 erwartet uns mit Sonne

Angekommen im Camp 3 schmeiße ich mich auf den Boden. Zwischendurch musste ich immer wieder pausieren. Es ging einfach nicht weiter. So müde und schwach fühle ich mich, dass ich mich kaum um meine Sachen kümmern will. Dabei muss ich sie trocknen. Die zarten Sonnenstrahlen bieten die beste Möglichkeit des Tages. Also raffe ich mich auf, baue das Zelt für Mike und mich auf. Der ist trotz meiner Schlappheit noch hinter mir.

Jetzt bleibt Zeit, sich die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen. Es ist ungewöhnlich warm. Ich laufe barfuß, da Socken und Stiefel trocknen müssen. Das sumpfige Gras kitzelt meine Füße und erweckt meine Lebensgeister. Ich fühle mich zunehmend besser.

Nicolas Scheidtweiler - Expedition Carstensz-Pyramide
Ich in Gedanken

Mit großem Appetit verschlinge ich das Abendessen. Die verbleibende Zeit bis zum Einbruch der Dunkelheit nutze ich für einen Spaziergang. Es stellt sich eine wohlige Leere ein. Kein Termindruck, keine Emails. Wir können nichts anderes tun, als uns mit uns selbst zu beschäftigen. Viele Gedanken fliegen durch meinen Kopf und verschwinden auch gleich wieder. Festhalten will ich sie nicht, ich genieße es zwanglos über vieles nachzudenken.

Um 18:30 Uhr versinke ich schon in einen tiefen Schlaf. Die Nacht wird aber nicht Beste werden….

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