Carstensz-Expedition: Gewöhnung in der Hochebene Papuas
„Neuer Tag, neue Erfahrungen!“ Heute verlassen wir den Dschungel und steiger höher in der Sumpflandschaft auf Papua. Aber es wird dadurch nicht besser. Aber ich gewöhne mich dran.
Den Artikel habe ich direkt am Ende des Tages auf dem Smartphone geschrieben. Er zeigt ungefiltert persönliche Emotionen und Wahrnehmung bei der Besteigung. Etwaige Rechtschreibfehler sind zu verzeihen.
Die erste Nacht in der Wildnis war ruhig und dunkel. Mike und ich gewöhnen uns langsam aneinander. Aber er ist nicht sonderlich redselig. Dabei interessiert mich sein Beruf als Strafrechtsanwalt in den Südstaaten der USA. Dort, wo es noch die Todesstrafe gibt. Aber genau da könnte das Problem liegen: Der starke Südstaaten-Akzent kostet Konzentration und Kraft zuzuhören. Also bleibt es bei kurzem Smalltalk.
Verlassen im Nirgendwo
Ich öffne das Zelt und sehe in die naturbelassene Sumpflandschaft. Dann steigt mir der beißende Rauch in die Nase. Gestern konnten wir wählen: Einen Zeltplatz im sumpfigen, welligen Gelände oder einen im Einzugsgebiet des Feuers. Wir haben uns für das Feuer entschieden. Heute Abend müssen wir besser wählen.
Schon ruft uns Werner zum Frühstück. 6:30 Uhr und ich habe schon Appetit. Ungewöhnlich für mich. Auf uns wartet ungetoastetes Toastbrot, Marmelade und ein Rührei-„Batzen“. Beim Kaffee lachen unsere Träger. Sie nennen ihn Dani-Kaffee. Nach ihrem Stammesnamen. Viel Pulver und heißes Wasser drauf. Am Ende ist es eine starke, schwarze Brühe. Als ehemaliger Offizier der Bundeswehr kenne ich ähnlich wertige Heißgetränke.
Und jetzt geht es los. Martina will weitermachen. Der erste Anstieg hat es direkt in sich. Und führt zur Umkehr von Martina. Zwei Träger bringen sie Richtung Dorf. Auf halber Strecke bauen sie ihr ein Zelt auf. Martina soll warten und wird abgeholt. Wir werden erst nach unserer Rückkehr nach Timika von ihr erfahren, wie es war. Für uns ändert sich nur, dass wir ein Zelt weniger benötigen und jetzt mehr Essen für uns dabei haben.
Nach gut 30 Minuten wartet schon die erste Rast auf uns. Endlich gibt es wieder frisches Wasser. Das Trinken in der Höhe kommt etwas kurz, dabei ist es notwendig der Dehydrierung und damit Effekten der Höhenkrankheit vorzubeugen. Ich stürze schnell 1 Liter kaltes Bergbach-Wasser herunter und fülle eine Flasche nach.
Verlaufen ohne Führung
Die Träger starten nach uns und huschen durch das hochstehende Gras und die Sümpfe an uns vorbei. Wir marschieren für uns allein. Und nach unserer ersten Rast passiert es: Wir verlaufen uns! Ohne Expeditionsleiter ohne Träger können wir den Weg nicht erkennen. So irren wir etwas umher – und entscheiden uns schließlich für die Umkehr. Irgendwann entdecken wir eine Spur, die wir übersehen haben. In dieser Hochebene ist es keine lockere Wanderung wie in den Alpen. Wir sehen kaum den Weg und müssen uns konzentrieren, nicht davon abzukommen. Zwischenzeitlich wechselt die Landschaft. Steinerne Säulen ragen um uns herum aus dem Boden. Wundersame Bilder werden hier in meiner Erinnerung bleiben.
Nach rund 9 Kilometern machen wir endlich unsere Mittagspause. Dafür haben wir gute 5 Stunden benötigt. Schneckentempo, das dem Gelände geschuldet ist. Meine Füsse rutschen in den Gummistiefeln hin und her. Aber das ist immer noch besser als mit Goretex-Schuhen im Schlamm zu versinken. So stapfen wir durch den Matsch.
Ich wundere mich erneut, wie effizient unsere Träger agieren. Einer entfacht das Feuer, weitere holen Holz, dritte entpacken Zutaten und Kochuntensilien. Und der Koch überwacht das Prozedere. Schnell bekommen wir unsere „reichhaltige“ Mahlzeit: Reis, Nudeln und Dosenfleisch. Langsam gewöhne ich mich dran.
Ein leichter Tag?
Eine knappe Stunde gönnen wir uns. Jetzt geht es weiter. In der Ferne sehen wir unseren Platz für das Nachtlager. Unter normalen Bedingungen wäre das vielleicht in einer Stunde machbar. Wir brauchen gute drei Stunden um das Lager auf 3.530 Metern zu erreichen.
Wir tröpfeln der Reihe nach ein. Jenny macht wieder den Anfang. Sie ist so stark. Dann kommen Jost und ich. Am Ende dann Mike und Pierre. Unser Leistungsstand ist sehr unterschiedlich.
Erschöpft liegen wir nach diesem zweiten Tag auf dem Weg zur Carstensz-Pyramide im Zelt. Das Abendessen dauert noch etwas. Heute war angeblich die einfachste Etappe. Die rund 17 Kilometer sind ebener als gestern. Wir kämpfen aber immer wieder an steilen An- und Abstiegen, müssen Flüsse zum Teil ohne Hose überqueren.
Unser Lager liegt wunderschön an einer Flussbiegung. Ich nutze die Zeit, um mich ausgiebig im kalten Bergwasser zu waschen. Nachdem wir gestern mit mehr oder weniger frischen Klamotten gestartet sind, holt uns jetzt die Expeditionsrealität ein. Wir sind schmutzig, stinken nach Feuer und all unsere Klamotten sind klamm. Aber ich gewöhne mich dran.
Dann die Hiobsbotschaft: Einer der Träger hat sich auf die Eier gesetzt. So fällt in den nächsten Tagen das morgendliche Rührei und damit ein geschmackliches Highlight aus. Erst im Basecamp erhalten wir frische Nahrungsmittel.
Trotz des Ärgers übermannt mich die Müdigkeit. 19 Uhr fallen meine Augen zu. Wieder habe ich mich einen Tag der Carstensz-Pyramide genähert.
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