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Erstbesteigung im Himalaya: Erkundung und Melancholie


Ein Monat vor Weihnachten. Komisch, dass man auch hier, fernab der Zivilisation, solche Daten bewusst wahrnimmt.

Wenn man so im gefrorenen Zelt liegt, kommen einem so manch komische Gedanken.

Melancholie am Berg

Nach meiner Eidechsen-Methode dauert es etwas bis der Körper warm ist. So kommen und gehen wilde und unwilde Gedanken rund um das eigene Leben.

Man wechselt zwischen Melancholie und Schmunzeln. Bilder und Geschichten kommen und gehen in diesem Stadium zwischen Aufstehen sollen und nicht wollen. Eine wiederholt faszinierende Erfahrung in solchen Situationen.

Und dann dämmert es mir: Meine 600-Euro-Daunen-Jacke ist verloren. Wir werden sie nicht wiedersehen. Dabei ist die absolut notwendig. Aber jetzt gilt es, sich der Situation zu stellen. Wir müssen den möglichen Weg für den Gipfeltag erkunden.

Ein Gletscher zu Lager 3

Dazu geht es über einen Gletscher. Wir legen alles an: Steigeisen, Gurt, Eisschrauben, Spaltenbergungsset, Eispickel. Jost geht voran.

Himalaya - weite Wege für Jost Kobusch
Weite Wege für Jost Kobusch

Fix gewinnen wir Höhe und stehen vor der ersten Herausforderung. Eisklettern im zweiten Grad (WI2). Eigentlich leicht für mich, aber nur mit Gehpickel eine Herausforderung.

Daher steigt Jost mit Eisgeräten vor und ich steige am Seil nach. Dazu lässt er mir eines seiner Eisgeräte am Seil herunter. So überwinde ich die Stelle problemlos.

WI 2 auf dem Weg zu Lager 3
WI 2

Danach geht es durch ein Spaltenlabyrinth weiter. Der Gletscher stirbt zwar, ist aber weiterhin tückisch. Wir winden uns angepeilt mal links, mal rechts herum durch die andauernden Gefahren. Das ist ein langer Weg.

Der erste Blick auf den Purbung

Immer wieder denke ich, wir müssen bald an dem weithin sichtbaren Joch ankommen. Aber es ist unendlich weit weg in der weißen Wüste.

Wir spuren abwechselnd um Kräfte zu sparen. Es ist hart. Irgendwann fegen heftige Böen über die Eisfläche hinweg. 60 – 80 km/h, die uns kleine Eissplitter in die Gesichtshaut treiben.

Nicolas Scheidtweiler zum Joch auf dem Weg zum Purbung im Himalaya
Zum Joch

Aber auch in Tippelschritten erreichen wir dann unser Ziel auf rund 5.900m. Ein Joch zwischen zwei 6.000ern.

Jetzt sehen wir unseren Gipfel Purbung das erste Mal fast erreichbar.

Der erste Blick auf den Purbung - 6465m - Himalya
Der erste Blick auf den Purbung

Lange Erkundung 

Wir prüfen, wo wir unser Lager 3 einrichten können. Spalten und Lawinengefahr drohen von mehreren Seiten, der Wind schlägt stark über das Joch. Wir finden einen guten Platz.

Danach geht es zurück. Bergab ist es leichter, aber noch immer tückisch. An der 2er-Stelle seilen wir uns an einem Schneeanker ab. 

Die Erkundung dauert bis in die Dunkelheit. Hier unterscheidet sich das Profitum von mir Amateur. Jost ist noch immer mental gut drauf, gut gelaunt und konzentriert. Während ich inzwischen mürrisch und müde werde. 

Schließlich kommen wir spät, aber zufrieden in unserem Lager 2 an. Wir wissen jetzt, was wir zu tun haben.

Ein kurzer schneller Snack und ich sinke in einen traumlosen Schlaf.

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